Von der Recherche zur Geschichte – spannende Geschichten erzählen in fünf Schritten!
Sie finden Geschichtenerzählen spannend, würden es selber gerne probieren, haben aber gerade keine Gelegenheit, eine unserer Fortbildungen zu besuchen? Kein Problem, hier gibt’s den passenden e-Kurs dazu. Die fünf Schritte vom Rohmaterial zur fertigen Geschichte sind knapp und klar gehalten und in der Praxis vielfach erprobt. Alles, was Sie an Material brauchen, ist ein Ausdruck dieses Geschichtenblatts und einen Stift. Probieren Sie’s doch einfach aus!
Die Fakten
Erster Schritt: Die Fakten
Die Geschichten in diesem Projekt haben eine Gemeinsamkeit: sie stellen eine historisch verbürgte Figur in den Mittelpunkt, eine Naturwissenschaftlerin oder einen Naturwissenschaftler, die durch systematischen Fleiß, eine zufällige Entdeckung oder einen Geistesblitz das Wissen der Menschheit um die Natur der Dinge erweitert haben. Von wem möchten Sie denn gern erzählen?
Es gibt zwei Wege, um an das Material für eine eigene Geschichte zu kommen. Zum einen bieten wir auf diesen Seiten eine ständig wachsende Sammlung von Texten, die von Fachdidaktiker*innen, Lehrer*innen und anderen Expert*innen erstellt wurden. Alle diese Texte sind auf die Richtigkeit ihrer naturwissenschaftlichen Grundlagen und historischen Hintergründe überprüft worden und können ohne Weiteres verwendet werden.
Diese Texte sind nicht für die direkte mündliche Wiedergabe gedacht, sondern als Steinbruch oder Baukasten für die Geschichte, die Sie erzählen möchten. Sie sind eine Materialsammlung aus wesentlichen Fakten und fiktionalen Elementen, die Sie verwenden können, aber nicht müssen. Aus den meisten Texten lassen sich zwei oder mehr Geschichten herausziehen, dies wird anhand eines Beispiels im dritten Schritt gezeigt.
Am besten ist es also, Sie überfliegen die bereits vorhandenen Texte und schauen, ob Themen oder Persönlichkeiten darunter sind, die Sie interessieren und die Sie im Unterricht ansprechen möchten. Wenn Sie mindestens einen Text gefunden haben, dann geht es weiter beim Schritt 2!
Noch nichts dabei? Dann wartet gleich hier das erste Abenteuer auf Sie: die Recherche. Welches Thema interessiert Sie? Welche Naturwissenschaftler*innen sind damit verbunden? Dank Universitätsbibliotheken und immer weiter wachsender Möglichkeiten der Online-Recherche sollte es kein Problem sein, relevante Informationen zu finden. Halten Sie dabei Ausschau nach historischen Gegebenheiten, die im Zusammenhang mit NoS-Aspekten stehen (hier gibt es dazu mehr).
Wenn Sie ihre Fundstücke notieren und sortieren, achten Sie darauf, ob vielleicht schon das eine oder andere Bild vor Ihrem inneren Auge entsteht, oder die Fakten eine Emotion auslösen (Bewunderung, Mitleid, Ärger, Neid, Erheiterung). Dies sind meist gute Indikatoren dafür, dass sich eine Geschichte dahinter verbirgt und der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um mit dem zweiten Schritt fortzufahren.
Das Leitmotiv
Zweiter Schritt: Das Leitmotiv
Gleichgültig, ob Sie nun Fakten recherchiert haben oder von einem bereits erarbeiteten Text ausgehen: als nächstes brauchen Sie das Leitmotiv zu der Geschichte, die Sie erzählen möchten. Schauen Sie ich das vorhandene Material an: Wo liegt für Sie das Wunder, die Leistung, die Schicksalsfügung oder er zeitbedingte Irrtum der historischen Persönlichkeit?
Aus narratologischer Sicht gibt es viele bereits etablierte Handlungsmuster, entlang derer Ihre Geschichte ausgestaltet werden könnte, hier einige Beispiele:
- - die zwei Konkurrenten (Plato & Demokrit)
- - misfits / der Kampf um Anerkennung (Joule, Leeuvenhoek)
- - der Kampf gegen die eigenen Überzeugungen (Thompson, Rutherford)
- - das Leben erträglicher oder reicher machen (Mouchot)
- - die Zufallsentdeckung (Merian, Ejkman)
- - Ordnung in das Chaos bringen (Lind, Ejkman, Mendeleev)
- - Magische Intuition (Mendeleev, Kekulé)
- - Leben retten (Liebig)
- - die rastlose / spielerische Neugier (Curie, Dalton, Rutherford)
- - Beharrlichkeit siegt (Dalton, Guericke, Joule)
Auch hier gilt wieder, dass einem Text oder einer Faktensammlung mehrere Leitmotive entnommen werden können. Entscheidend ist allein, wo Sie den Schwerpunkt setzen möchten. Formulieren Sie das Leitmotiv Ihrer Geschichte so deutlich und verständlich wie möglich und schreiben Sie es in die entsprechende Spalte ganz oben auf dem Geschichtenblatt.
Ab hier wird uns ein Beispiel begleiten, um den Prozess zu illustrieren. Ausgehend vom Text zu John Dalton wählen wir (als eines von mehreren möglichen) das Leitmotiv: Beharrlichkeit siegt.
Ein Anfang ist gemacht, weiter geht es mit Schritt 3!
Der Bogen
Dritter Schritt: Der Bogen
Mündlich erzählte Geschichten folgen meist einem bestimmten Schema, das aufgrund seiner Verbreitung seitens der Zuhörenden größtmögliche Aufmerksamkeit und Verständlichkeit sichert. Der Kern einer solchen Geschichte ist eine Abweichung von der Routine, eine Herausforderung, eine Bedrohung, ein kognitiver oder emotionaler Konflikt. Wenn die Geschichte zunächst von der Zeit vor dem zu thematisierendem Konflikt, dann von seiner Entstehung, seiner Lösung und schließlich seinen Konsequenzen erzählt, dann empfinden wir sie als rund und abgeschlossen.
Ausgehend vom Leitmotiv Ihrer Geschichte sind Sie nun gefordert, fünf Bilder zu finden, die die folgenden Momente der Geschichte klar und deutlich wiedergeben (wiederum illustriert am Beispiel John Dalton, mit dem Leitmotiv Beharrlichkeit siegt):
- Ausgangssituation / Routine der Hauptfigur (John Dalton unterrichtet seine Schüler)
- Beginn des Konfliktes (ein Schüler stellt die Frage nach dem Warum, die Dalton nicht beantworten kann)
- Höhepunkt des Konfliktes (John Dalton sitzt vor den verwirrenden Ergebnissen der jahrelangen Arbeit zu dieser Frage)
- Lösung (er stößt in einem Buch auf den Streit zwischen Plato und Demokrit und findet hier die Antwort auf seine Frage)
- Konsequenz / Abschlussbild (er stellt seine Erkenntnisse der Royal Institution vor)
Der gleiche Text gibt aber unter dem Leitmotiv Wir sehen es nicht, also glauben wir es nicht auch eine ganz andere Geschichte her:
- Ausgangssituation (John Dalton bereitet sich auf seinen Vortrag vor der Royal Institution vor)
- Beginn des Konfliktes (das Publikum will Dalton nicht glauben)
- Höhepunkt (ein Zuhörer stellt ihn vor der ganzen Versammlung bloß)
- Lösung (er verlässt niedergeschmettert den Vortragssaal)
- Konsequenz / Abschlussbild (erst 60 Jahre nach seinem Tod werden seine Erkenntnisse allgemein anerkannt)
Es ist für die Erzählbarkeit Ihrer Geschichte von fundamentaler Bedeutung, dass Sie klare, innerlich gut nachvollziehbare Bilder zu diesen fünf Momenten finden. Notieren Sie diese Bilder in Stichworten auf dem Geschichtenblatt, in den Kasten unter dem Leitmotiv.
Sie finden keine zentralen Momente? Rufen Sie uns an: 0911 – 148 70 801
Nennen Sie uns bitte Ihre Telefonnummer und einen Zeitpunkt, zu dem wir Sie anrufen sollen. Wir melden uns und helfen weiter.
Nun geht es darum, de narrativen Raum zwischen diesen Momenten zu füllen. Wie das geht, erfahren Sie in Schritt 4.
Die Bilder
Vierter Schritt: Die Bilder
Mit den fünf zentralen Momenten einer Geschichte haben wir nun eine Art Grundgerüst, von dem sie getragen wird. Nun geht es darum, den Raum zwischen diesen Momenten auszuleuchten und erzählbar zu machen. Was geschieht zwischen Beginn und Höhepunkt des Konfliktes? Was nach dem die Lösung greifbar geworden ist? Material dazu finden Sie entweder in den Texten oder mit Hilfe Ihrer Vorstellungskraft. Lassen Sie sich dabei von Ihrer Fähigkeit leiten, sich Geschichten wie einen Kinofilm im Kopf vorzustellen.
Nehmen Sie erneut das Blatt, auf dem Sie das Leitmotiv und die fünf zentralen Momente der Geschichte notiert haben. Wie Sie sehen, ist die ganze untere Hälfte frei für Stichworte zu inneren Bildern, die Sie zu der Geschichte haben. Wenn keine derartigen Bilder kommen wollen, dann schließen Sie die Augen, und haben Sie ein bisschen Geduld.
Immer noch nichts? Dann rufen Sie uns an: 0911 – 148 70 801
Gemeinsam kommen wir weiter.
Wenn Sie meinen, ausreichend viele Bilder gefunden zu haben, dann steht, wie bei einem Film, als nächstes der Schnitt an. Sortieren Sie die brauchbaren und die – weil historisch oder sachlich falsch – unbrauchbaren Bilder und bestimmen Sie, wovon in welcher Ausführlichkeit erzählt wird. Wenn Sie mit der Materie und den Bildern sehr vertraut sind, dann können Sie sogar im Moment des Erzählens diese Auswahl jedes Mal neu treffen und die Geschichte so optimal an Ihre didaktischen Zwecke und Ihr Publikum anpassen.
Bevor Sie aber die Geschichte zum ersten Mal öffentlich erzählen, empfehlen wir Ihnen Schritt 5!
Die Feuerprobe
Fünfter Schritt: Die Feuerprobe
Eine Geschichte gestaltet sich im Erzählen. Erst durch die unmittelbare, bewusste und unbewusste Rückmeldung durch Zuhörer*innen finden wir heraus, ob und wie die Geschichte als solche funktioniert. Deswegen tut es jeder Geschichte gut, wenn sie zunächst in einem geschützten Raum erzählt wird, zum Beispiel einer Person, die wohlwollend und unterstützend zuhört. Oft merken Sie dann schon beim Erzählen, wo die Geschichte sich wie von alleine erzählt und wo sie noch Löcher hat. Manchmal braucht es dafür nur einen Durchgang, manchmal vielleicht auch ein, zwei mehr.
Entscheidend ist, dass Ihr Gegenüber bei der Feuerprobe weder den Anspruch hat, optimal unterhalten zu werden, noch versucht, eigene Vorstellungen zur Umsetzung zu verwirklichen. Die einzige Aufgabe der zuhörenden Person ist es, Ihnen bei der Verwirklichung Ihrer Ziele zu helfen.
Alle fünf Schritte abgeschlossen? Dann los mit der Geschichte, ins brausende Leben des Klassenzimmers. Auch hier gilt: wenn beim tatsächlichen Einsatz der Geschichte im Unterricht ungeahnte Schwierigkeiten auftreten, bei denen Sie Unterstützung möchten:
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Wir helfen weiter.